Wenn es um Ernährung oder genug Schlaf geht, ist Disziplin sehr wichtig. Spannend ist die wissenschaftliche Erkenntnis: Selbstdisziplin spielt auch im Beruf eine wichtigere Rolle als IQ, gute Noten oder soziale Herkunft. Die gute Nachricht: Selbstdisziplin lässt sich wie ein Muskel trainieren!

 

  • Ohne Selbstdisziplin geht im Leistungssport gar nichts.
  • Sportler müssen nicht nur beim Training und im Wettkampf höchst motiviert und diszipliniert sein.
  • Gleiches gilt auch für den Alltag eines jeden.

Hört man Fußballtrainer-Legende Sir Alex Ferguson zu, wenn er über den neben Lionel Messi derzeit besten Fußballer des Planeten, Christiano Ronaldo, spricht, gerät er ins Schwärmen. Der heute 74-jährige Coach berichtet, dass er in seiner über 30-jährigen Trainerkarriere nie mit einem professionelleren und disziplinierteren Spieler zusammengearbeitet hätte.

 

In den sechs Jahren ihrer Zusammenarbeit bei Manchester United war Ronaldo stets der Erste beim Training. Schon bevor der Rest der Mannschaft überhaupt auf den Platz kam, hat er mindestens eine halbe Stunde für sich allein an den unterschiedlichsten Dingen gearbeitet hat. Nach dem Training, als alle anderen bereits unter der Dusche standen, blieb er stets noch länger, um Freistöße zu üben.

 

Einstellung schlägt Talent

Solch eine Selbstdisziplin, Wille und Ehrgeiz hat Ferguson bei keinem anderen Fußballer gesehen. Gleiches gilt für andere Stars, die ihre Sportart dominiert haben, wie kaum jemand zuvor: Ob Steffi Graf, Dirk Nowitzki, Michael Schumacher oder Tiger Woods: Allen eilte immer der Ruf voraus, härter und disziplinierter zu arbeiten als die Konkurrenz.

Auf der anderen Seite findet man in jeder Sportart herausragende Talente, denen von Experten eine großartige Karriere prognostiziert wurde, die es jedoch mangels Disziplin und Einstellung nicht geschafft haben, ihre Begabung in Erfolg umzumünzen.

Wichtiger als Talent: Die Arbeit an sich selbst, der Wille, sich zu verbessern und die tagtägliche Disziplin. Wer hingegen stets hört, welch tolles Talent und wie begabt er doch ist, hat keinen Grund sich entsprechend anzustrengen.

 

Das Marshmallow-Experiment

Spannend ist in diesem Zusammenhang der mittlerweile legendäre Marshmallow-Test, den der US-Psychologe Walter Mischel bereits in den 60er-Jahren mit über 600 Kindern an der Stanford University vorgenommen hat. Ziel dieses Tests war herauszufinden, wie vierjährige Kinder mit Versuchungen umgehen.

 

Dazu wurden die Kinder einzeln in einen Raum geführt, in dem sich ein Tisch mit einem Marshmallow befand. Der süße Mäusespeck ist eine Nascherei, die Kinderherzen höher schlagen lässt. Eine Erzieherin erklärte den Kindern: „Wenn Ihr den Mäusespeck essen wollt, drückt bitte vorher auf die Klingel. Wenn Ihr warten könnt, bis die Erzieherin zurückkommt, bekommt Ihr nicht nur den einen, sondern zwei Marshmallows.“

 

Dann verließ sie den Raum und die Forscher beobachteten die Kinder durch einen Einwegspiegel. Das Erstaunliche dabei: Aus dem Verhalten der Kinder in den nun folgenden 15 Minuten ließ sich eine Prognose für das gesamte Leben ableiten.

Etwa ein Drittel der Kinder schaffte es tatsächlich sich zu beherrschen, sprich die Belohnung aufzuschieben, um sich dadurch einen zweiten Marshmallow zu verdienen. Der Rest konnte der Versuchung nicht widerstehen.

 

Wer mit vier versagte, hatte zehn Jahre später schlechtere Noten

Der weitere Verlauf der Studie kam in Gang, weil unter den getesteten Kindern auch eine Tochter von Versuchsleiter Walter Mischel war. Bei einer Unterhaltung mit ihr fiel Mischel auf, dass gerade diejenigen ihrer Klassenkameraden in der Schule Probleme hatten, die auch beim Test Ihren Appetit nicht zügeln konnten.

Nach zehn Jahren befragte Mischel mittels Fragebogen die getesteten Kinder, deren Eltern und Lehrer noch einmal und kam zu dem eindeutigen Ergebnis: Wer bereits im zarten Alter von vier Jahren beim Test versagte, hatte zehn Jahre später schlechtere Noten und mehr Stress in der Schule.

Mittlerweile haben zahlreiche weitere Studien dieses Ergebnis bestätigt: Wer schon als Kind über Selbstdisziplin verfügt, hat im späteren Leben mehr Erfolg! Selbstdisziplin ist die Basis für mehr Gesundheit, höheres Einkommen und bessere Beziehungen. Undisziplinierte hingegen brechen Schule, Ausbildung oder Studium eher ab, haben mehr Probleme mit Geld, Alkohol oder Drogen. Und sie geraten öfter mit dem Gesetz in Konflikt.

10 Tipps zur Steigerung der Selbstdisziplin

Wenn es um das Training und die Aufrechterhaltung unserer Selbstdisziplin geht, dann liegt der Schlüssel zum Erfolg im Umgang mit diesen modernen Gefahren. Doch „Selbsterschöpfung“, wie sie Baumeister nennt, lässt sich verhindern, wenn wir die folgenden Regeln befolgen.

1. Machen Sie sich einen Plan!
Ein guter Plan sorgt nicht nur für Übersicht, sondern mit ihm lassen sich umgesetzte Dinge abhaken. Beides entlastet das Gehirn.

2. Nehmen Sie sich jedoch nicht zu viel vor!
In der Regel neigen wir dazu, unsere Willenskraft zu überschätzen. Daher ist es ratsam, sich keine zu ambitionierten Ziele zu setzen, sondern lieber in kleinen, aber machbaren Schritten voran zu schreiten.

3. Sorgen Sie für ablenkungsfreies Arbeiten!
Telefon, E-Mails oder störende Kollegen sorgen für Ablenkung, die in vielen Fällen stört und oft drängendem den Vorrang gibt vor Wichtigem.

4. Planen Sie Pausen ein!
Ihre Selbstdisziplin bleibt auf hohem Niveau, wenn Sie regelmäßige Pausen einlegen. Arbeiten Sie in Intervallen von ca. 90 Minuten und gönnen Sie sich danach eine Pause von zehn Minuten.

5. Verpflichten Sie sich!
Selbstverpflichtung sorgt für Verbindlichkeit und verstärkt die Motivation, sein Ziel mit Konsequenz zu verfolgen.

6. Vermeiden Sie chronischen Stress!
Wer chronisch unter Stress steht, verliert auf Dauer an Selbstdisziplin.

7. Seien Sie sich bewusst, was Sie wollen!
Je mehr Wahlmöglichkeiten wir haben, desto mehr Willenskraft brauchen wir, um uns für etwas zu entscheiden. Wer jedoch genau weiß, was er sucht und was er möchte, schont diese.

8. Treffen Sie Entscheidungen immer morgens!
Je ausgepowerter wir sind, desto schlechter fallen in der Regel unsere Entscheidungen aus. Wichtige Entscheidungen sollten daher immer morgens getroffen werden.

9. Meditieren Sie!
Studien zeigen, dass Menschen, die regelmäßig meditieren, achtsamer mit sich umgehen und damit auch die Gefahr der Selbsterschöpfung lindern.

10. Entwickeln Sie Gelassenheit!
Manchmal hilft es, die Dinge so zu lassen wie sie sind, sprich cool und gelassen zu bleiben.

 

Selbstdisziplin ist wie ein Muskel

Wenn Selbstdisziplin ein solch wichtiger Baustein für den Erfolg ist, dann sollte man wissen, wie man diesen trainiert. Dieser Frage ging der Sozialpsychologe Roy F. Baumeister nach, der die Ergebnisse seiner Forschungen in dem im Jahr 2012 erschienen Bestseller „Die Macht der Disziplin“ veröffentlichte.

Baumeister wollte herausfinden, wie sich Selbstdisziplin trainieren lässt und führte dazu einige skurril anmutende, jedoch sehr eindeutige Tests durch. So führte er eine Versuchsgruppe in einen Raum, in dem sich zweierlei Nahrungsmittel befanden: Ofenfrische duftende Plätzchen und Radieschen.

Eine Gruppe durfte sich aussuchen, was sie essen wollte - die meisten entschieden sich natürlich für die Plätzchen - während die andere Radieschen essen durfte, obwohl ihnen wegen der duftenden Plätzchen das Wasser im Mund zusammenlief.

Die Plätzchenesser schnitten besser ab

Anschließend ließ er allen Probanden ein unlösbares Puzzle zusammensetzen und stoppte die Zeit, bis jeder Einzelne nach und nach aufgab. Die Radieschenesser, die vorher ihren Appetit auf Plätzchen mit Willenskraft unterdrücken mussten, gaben im Schnitt bereits nach acht Minuten auf. Dagegen hielten die Mitglieder der Plätzchengruppe im Schnitt zwanzig Minuten durch.

In einem anderen Experiment zeigte Baumeister Studenten einen gruseligen Film, wobei sich die eine Hälfte nicht anmerken lassen durfte, wenn ihnen der Film naheging, das heißt sie sollten trotz emotionaler Erregung ein Pokerface zeigen. Anschließend wurde gestoppt, wie lange sie es schafften, eine Hand in eiskaltes Wasser zu tauchen.

Wer seine Gefühle vorher unterdrücken musste, gab deutlich früher auf. Das Ergebnis dieser und noch einer Reihe anderer Experimente ist eindeutig: Selbstdisziplin kann man sich vorstellen wie einen Muskel. Je mehr wir sie einsetzen müssen, desto eher ermüdet sie. 

Selbstdisziplin-Killer digitales Zeitalter

Sich zusammenreißen und sich wieder aufs Wesentliche konzentrieren, stellt eine der zentralen Herausforderungen des digitalen Zeitalters dar. Rund um die Uhr lauern Ablenkungen, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Ob Anrufe, vibrierende Summtöne, eingehende Nachrichten, E-Mails, aufpoppende Werbebanner im Internet oder Plakate an den Straßenrändern: Stets sind wir gefordert, diese Ablenkungsmanöver per Selbstkontrolle zu unterdrücken und verbrauchen dabei Unmengen mentaler Energie, die uns wiederum an anderer Stelle fehlt.

Jeder kennt aus eigener Erfahrung wie schwer es doch fällt, eine eingehende SMS nicht sofort zu öffnen oder das Klingeln des Telefons zu ignorieren. Hinzu kommt: Sind wir durch eine Ablenkung erstmal aus unserem Flow herausgerissen, benötigt es ein Vielfaches an mentaler Energie, um den ursprünglichen Zustand wieder zu erreichen. Sisyphos lässt grüßen!

 

Quelle: Focus.de

 

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